So nun kommt als zweiter Teil meiner Miniserie über deutsch-jüdische Backtradition, das traditionelle Sabbatgebäck: Der Berches, ein Weißbrot mit Mohn, in Zopfform. Ich habe mir einige Berchesrezepte angeschaut, es gibt bisher recht wenig in der Welt der Brotbackblogs, z.B. bei Amboss oder Antje Mauch, ich war aber auch eher auf der Suche nach einem wirklich traditionellen Rezept. Dazu habe ich in der Germania Judaica alte jüdische Kochbücher durchforstet und bin wirklich fündig geworden. Das beste Rezept habe ich in dem über 100 Jahre alten “Ausführliches Kochbuch für die einfache und feine jüdische Küche” von Marie Elsässer aus dem Jahre 1902 gefunden. Im dort sehr detailliert beschriebenen Rezept werden helles Weizenmehl mit einer Zugabe von gekochten Kartoffeln zu einem besonderen Weißbrot verbacken. Sie nutzt einen Vorteig und eine lange Stockgare von 8 Stunden was schonmal gute Vorraussetzungen für ein leckeres, bekömmliches Brot sind. Interessant ist auch, dass man von der damaligen “Presshefe” 15g auf 500g Mehl nehmen musste und dann die 8 Stunden Stockgare folgten, dass heißt die Hefeaktivität muss wesentlich geringer als heute gewesen sein.
Ich habe mich als Vorlage für mein Rezept für die Variante des “Hochzeitsberches” entschieden, der weniger Kartoffeln und zusätzlich als Verfeinerung etwas Olivenöl und Zucker enthält. Was die Formgebung angeht wird der Berches in diesem Rezept, wie bei Amboss, als länglicher Laib mit einem aufgesetzten 3er- oder 4er-Zopf gebacken. Es gibt andere Quellen da werden zwei 5-er Zöpfe für einen Berches aufeinandergesetzt. Auf jeden Fall ist die Optik dieses tradionellen Weißbrots eine Wucht, geschmacklich ist der Berches ein sehr neutrales Brot, dass zu süßem und salzigem Belag passt, durch den Kartoffelanteil hat es für ein Weißbrot eine recht gute Frischhaltung.
Berches ( 1 Laib)
Poolish
75 g Wasser ca. 20°C
1 g Hefe
75 g Weizenmehl 550
Alles vermischen und 1,5 h bei Raumtemperatur stehen lassen und dann 12-18 h im Kühlschrank gehen lassen.
Hauptteig
Poolish aus dem Kühlschrank´
425 g Weizenmehl 550
1 mittlere gekochte Kartoffel ca. 80 g (abgekühlt, geschält und gerieben)
180-200 g Wasser ca. 32 °C (Menge variiert je nach Kartoffelsorte, deshalb am Anfang etwas Wasser zurückhalten)
2,5 g Hefe
10 g Olivenöl
12 g Zucker
10 g Salz
Mohn zum Bestreuen
Kneten: Alle Zutaten 4 min langsam mischen und dann ca. 6 min schneller kneten (Fenstertest), der eher feste Teig löst sich von der Schüssel. Teigtemperatur sollte bei ca. 24-25°C liegen.
Stockgare: 3,5 -4 h abgedeckt bei Raumtemperatur.
Aufarbeiten: Vom Teig 4(3) 80 g Stücke abteilen für den 4 -fach bzw. 3-fach Zopf, Alle Teile rundschleifen, bzw. -wirken . Den Hauptteil nach kurzem entspannen zu einem länglichen Laib langwirken. Aus den kleinen Stücken ca. 30 cm lange Stränge formen und daraus einen 4-fach bzw. 3-fach Zopf flechten. Den Zopf auf den Laib setzten und dann mit einem Tuch und Folie abdecken.
Stückgare: Den Zopf abgedeckt 1,5 h bei Raumtemperatur gehen lassen bis er sich deutlich vergrößert hat. Direkt vor dem Backen mit Salzwasser bestreichen und mit Mohn bestreuen.
Backen: Den Ofen auf 220°C vorheizen und den Berches mit kräftigem Schwaden einschießen. Nach 15 min die Temperatur auf 200°C reduzieren und weitere 20 min fertig backen bis er eine schöne Krustenfärbung hat. Gesamtbackzeit 35 min.
Der Berches hat eine feinporige, sehr helle und saftige Krume, die Kruste ist eher zart mit einem leicht nussigen Mohngeschnack. Der Berches passt sowohl zum Frühstück oder auch zu einem herzhaften Essen, er lässt sich auch super auftoasten.
Download des Rezepts für die BackApp (nur für Apple iOS):
Berches.bakingAppRecipe (993 Downloads )In der BackApp FAQ-Sammlung wird erklärt wie der Import in die BackApp funktioniert.
Die Vorfahren meiner Mutter waren Zuckerbäcker. Ihre Cousine hatte in ihrem Haus sogar eine eigene Backstube und buk auch regelmäßig den jüdischen Mohnzopf mit gekochten Kartoffeln.
Ich habe mich als junge Frau ( vor gut 40 Jahren) auch probiert, mit mäßigem Erfolg. Jetzt möchte ich den Berches unbedingt noch einmal backen und bin auf das Gelingen dieses Rezeptes SEHR neugierig! Danke für’s Teilen im Netz.
Elisabeth
Hallo Elisabeth, ich wünsche Dir gutes Gelingen. Es freut mich das Du damit vielleicht an deine Familientradition anknüpfen kannst.
VG Christoph
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Hallo Christoph!
Der Berches ist gut gelungen und schmeckt wunderbar!
Allerdings habe ich ihn ohne Öl und Zucker gemacht, so wie ich ihn eben kannte.
Gebacken habe ich ihn mit 180° Umluft vorgeheizt, auf einem vorgeheizten Lochblech. Dampf erst nach 2 Minuten. Nach 25 Minuten habe ich reduziert auf 170° und nach weiteren 10 Minuten abgestellt. Nach 5 Minuten durfte der Zopf dann aus dem Ofen.
Die Formung ist mir nicht geglückt, das habe ich aber auch nicht erwartet! Das ist mir heute nicht wichtig gewesen.
Deine Angaben für das Poolish und auch die Garzeiten sind perfekt gewesen! Auch für meinen Teig. DANKE!
Dein Berches sieht super aus!
Der sieht toll aus.
Ich werde mich auch mal an den Berches wagen,wir haben 1 Traditiinsbäckerei,die bäckt ihn,aber selbst gemacht ist eben was anderes.
Der Berches ist wirklich etwas besonderes, ich kann dir nur zuraten mal einen selbst zu backen.