Schon vor einigen Monaten hatte ich mir zum Ziel gesetzt, ein lockeres, frei geschobenes Vollkorn-Weizensauerteigbrot zu backen, inspiriert einerseits davon, dass das Weizenvollkornbrot vom deutschen Brotinstitut zum Brot des Jahres 2024 gekürt worden war, andererseits aber auch dadurch das ich seit langer Zeit einmal wieder ein ähnliches Brot wie die Vollkorn-Miche vom Blog Sel de Grain, allerdings ohne Hefe und mit 100 % Vollkorn, backen wollte, da mir dieses Brot in sehr guter Erinnerung geblieben war.
Am Ende ist das Vollkorn-Weizensauerteigbrot ein Brot mit 90 % Weizen und 10 % Roggenanteil geworden, der Roggenanteil ist für mich immer ein „Booster“ für Frischhaltung und Geschmack in diesem Rezept noch unterstützt durch ein Altbrotbrühstück.
Der Weg dahin war allerdings etwas länger als bei manchen anderen Rezepten und ich möchte euch diesen nicht vorenthalten:
Da ich schon seit einigen Jahren reine Weizensauerteigbrote, ohne Hefezusatz backe, lag es nahe, sich einfach ein solches Rezept zu nehmen und alle Auszugsmehle durch Vollkornmehl zu ersetzen, ein wenig mehr Wasser, da Vollkornmehl ja bekanntlich mehr Wasser aufnimmt und das war es. Leider war es nicht so einfach …
Mein normaler Vollkornweizen von der Horbacher Mühle hat sich als deutlich kleberschwächer als das 550er Weizenmehl aus derselben Mühle erwiesen. Damit wurden die ersten Brote recht flach und die Porung war viel zu dicht. Außerdem waren bei den üblichen Gehzeiten meine Teige in der Stück- und Stockgare meist schon übergar, da der Vollkornsauerteig sich als wesentlich aktiver herausstellte.
Um diesen Effekten entgegenzuwirken habe ich zu einigen Maßnahmen gegriffen, um doch ein schönes, lockeres Vollkorn-Weizensauerteigbrot zu bekommen:
- Zusatz von Ascorbinsäure (=Vitamin C) in Form von Acerolasaft, um den Kleber zu stärken und die Gärtoleranz zu erhöhen. Mehr zur Wirkung von Vitamin C.
- Da die Kleie den Aufbau des Klebergerüsts stören kann, habe ich diese ausgesiebt und erst wieder spät im Knetzugang zugesetzt, als das Klebergerüst schon gut ausgebildet war.
- Außerdem hatte ich einen wissenschaftlichen Artikel gefunden, in dem der positive Effekt von “vorfermentierter” Kleie auf das Brotvolumen beschrieben wurde, deshalb habe ich mich entschieden, die ausgesiebte Kleie im Sauerteig mitzufermentieren,
- Verkürzte Gehzeiten und genaues Beobachten der Reifezustände des Teigs/Teiglings, um eine Übergare zu vermeiden.
Mit diesen Maßnahmen ist es mir gelungen ein lockeres Vollkorn-Weizensauerteigbrot mit gutem Volumen aus ganz normalem regionalen Vollkornweizen zu backen. Alternativ habe ich mir auch von der Biomühle Eiling backstarken Vollkornweizen besorgt. Nutzt man 50 % dieses Weizens, bekommt man noch bessere Ergebnisse und kann sich unter Umständen auch das Aussieben der Kleie sparen (was ich allerdings nicht mehr ausprobiert habe).
Alles in allen ist ein recht aufwändiges Rezept entstanden, aber das Ergebnis ist ein tolles, lockeres Vollkornbrot, das mich auch geschmacklich überzeugt hat.
Hier ein paar optische Eindrücke aus der Entwicklung des Rezepts:
Vollkorn-Weizensauerteigbrot (1 Laib ca. 1 kg)
Vollkornmehl aussieben
465 g Weizenvollkornmehl
55 g Roggenvollkornmehl
Mit einem feinen Mehlsieb (0,5 mm Maschenweite) die Kleie aussieben. Je nach Mehl bleibt eine etwas unterschiedliche Menge Kleie übrig. Bei mir sind es meist ca. 40 g Kleie und ca. 480 g gesiebtes Mehl.
Sauerteig
100 g Wasser (36 °C)
66 g gesiebtes Vollkornmehl
40 g Kleie
66 g Weizenanstellgut (aktiv max. 1 Tag alt)
Alle Zutaten gut vermischen und abgedeckt 3 h bei ca. 28 °C reifen lassen. Alternativ nur 2 – 2,5 h bei 28 °C und dann bis zum nächsten Tag im Kühlschrank lagern. (Sollte die Kleiemenge größer oder kleiner sein, die Wassermenge entsprechend anpassen: 1:1 Kleie zu Wasser)
Altbrotquellstück
25 g Altbrot, geröstet und gemahlen
50 g Wasser warm
Gut vermischen und mindestens 1 h durchqueren lassen.
Autolyse
290 g Wasser (32 °C)
5 g Acerolasaft (entspricht ca. 50 mg Vitamin C)
414 g gesiebtes Vollkornmehl
Alles gut vermischen, bis kein freies Mehl mehr zu sehen ist. Abgedeckt 45 min bei Raumtemperatur quellen lassen. Teigtemperatur ca. 28-29 °C
Hauptteig
Autolyseteig
Sauerteig (Raumtemperatur)
später
12 g Salz
30-50 g Wasser (je nach Mehlqualität)
Altbrotquellstück
Kneten: ca. 4 min langsam ohne Salz kneten, dann Salz zugeben und weitere ca. 4 min kneten bis der Teig schon glatt und geschmeidig wird. Dann den Sauerteig zugeben und ca. 4 min unterkneten bis ein Fenstertest möglich ist, erst dann das Altbrotquellstück und wenn notwendig zusätzliches Wasser unterkneten. Teigtemperatur 25 -26 °C.
Stockgare: 2,5-3 h abgedeckt in einer geölten Wanne bei 23-24 °C gehen lassen, dabei den Teig dreimal nach 20/40/60 min dehnen und falten. Hinweis, wenn der Teig am Ende der Stockgare schon anfängt zu reißen, war die Zeit zu lang.
Aufarbeiten: Den Teig auf die gut mit Roggenmehl bestäubte Arbeitsfläche geben und von allen Seite zur Mitte hin einfalten. Den Teigling mit der Teigkarte umdrehen und in Form schieben bis er gut Spannung hat, dann mit dem Schluss nach oben in ein bemehltes Gärkörbchen legen.
Stückgare: Abgedeckt 1 h bei Raumtemperatur und 0,5 h im Kühlschrank aufgehen lassen. Dann auf ein Backpapier stürzen und einschneiden.
Backen: In den gut auf 250 °C vorgeheizten Ofen mit kräftigem schwaden einschießen, und direkt die Temperatur auf 220 °C reduzieren und weitere 50 min backen. Dann noch für 5 weitere Minuten den Ofen einen Spalt öffnen, um eine krosse Kruste zu erhalten.
Das Vollkorn-Weizensauerteigbrot auf einem Gitter gut auskühlen lassen. Es ist ein leckeres mild-aromatisches Brot, das tagelang gut schmeckt.
Download des Rezepts für die BackApp (nur für Apple iOS, kein PDF zum Drucken):
VollkornWeizensauerteigbrot.bakingAppRecipe (910 Downloads )In der BackApp FAQ-Sammlung wird erklärt wie der Import in die BackApp funktioniert.