Urlaubsbekanntschaften aus Südtirol – Lievito Madre “EVA” – Ciabatta

so nach langer Sommerpause nun wieder ein neuer Beitrag, es gibt einiges aus den Sommermonaten nachzuarbeiten ….
Wegen des schlechten Wetters auf der Alpennordseite, haben wir unsere diesjährige Hüttentour ins sonnige Südtirol verlegt. Damit ergab sich die Möglichkeit zu einem Besuch bei der Meraner Mühle, die ist bekannt für ihre tollen Mehle, insbesondere das Ciabattamehl Typo 0 “violett”.  An der Mühle wird man auch als Privatkunde gut bedient, man muss nur wissen was man will … ordern im Büro und dann LIeferung an der Rampe direkt in den Kofferraum. Die Mengen sind auch weniger Haushaltsüblich so dass ich mich jetzt über  25 kg Bio Typo “0” violett freue. Außerdem hatte ich auf der Homepage der Mühle vom Lievito Madre “EVA” ( “Die Mutter aller Hefen”) gelesen und da ich schon lange mal mit Lievito Madre (LM) backen wollte habe ich diesen auch gleich mitgenommen. Ich dachte ich kaufe 750 g getrockneten LM, es war aber dann unerwarteter Weise doch eine Kiste mit 6* 750 g, aber immerhin alles zu sehr fairen Preisen.

Zurück in Deutschland habe ich dann meine Backversuche mit “EVA” gestartet. aber zuerst zum Ansatz eines Lievito Madre aus dem getrockneten “EVA”-Pulver:

Da die Meraner Mühle keine wirklichen Anwendungshinweise mitliefert musste ich erstmal Versuche starten:

Erster Ansatz :

100g Weizenmehl 550
75 g EVA getrocknet
90 g Wasser warm

Alles zu einem festen Teig kneten und abgedeckt 24 h bei 30 °C, einmal auffrischen mit 100 g Mehl, 100 g erster Ansatz, 50 g Wasser, nach 3 h hat sich das Volumen verdoppelt und der LM kann zum Backen verwendet werden. Riecht fruchtig-hefig, kaum sauer. Nachteil: braucht sehr viel getrocknete EVA.

Zweiter Ansatz  mit wenig EVA Einsatz (analog zu Fermentstartern)

100 g Wasser warm
4 g EVA getrocknet
100 g Weizenmehl 550

Alle Zutaten verrühren und 20-24 h bei ca. 30 °C stehen lassen, Volumen hat sich deutlich vergrößert. Dann mit 100 g LM, 100 g Weizenmehl und 25 g Wasser zu einem festen LM auffrischen. Nach 4 h bei 30 °C vergrößert sich das Volumen deutlich. Oft braucht man aber noch eine weitere Auffrischung nach dem Verhältnis (1:1:0,5)(LM:Mehl:Wasser). Der LM hält sich im Kühlschrank 1-2 Wochen und sollte dann wieder aufgefrischt werden.

Erstes EVA-Rezept: Ciabatta

Da mein erstes EVA Ciabatta ohne Hefezusatz nicht richtig aufgehen wollte hier das erfolgreiche Rezept mit geringem Hefezusatz ( ca. 0,5 %)

Vorteig;
150 g Weizenmehl Typo 0 “violett” = Ciabattamehl
150 g LM “EVA” aktiv
75 g Wasser warm

Zu einem festen Teig verkneten und 3-4 h abgedeckt bei 30°C gehen lassen.

Hauptteig:
reifer Vorteig
450 g Weizenmehl Typo 0 “violett”
465 g Wasser kalt
kurz vermischen und 30 min zur Autolyse stehen lassen
3 g Hefe
14 g Salz
16 g Olivenöl
5 min langsam kneten und dann 12-15 min schnell, bis der  weiche Teig durchaus eine “innere Festigkeit” hat und der Fenstertest eine gute Glutenentwicklung zeigt. Teigtemperatur ca. 25-26 °C

Den Teig in einer geölten Wanne insgesamt 150 min gehen lassen, dabei 3 mal strecken und falten. (s+f). Den Teig vorsichtig auf eine gut bemehlte Arbeitsfläche geben, damit möglichst viele Gärgase im Teig bleiben. Mit dem Teigschaber in 2 gleich große Teiglinge aufteilen und diese auf ein Blech mit Backpapier transferieren und nochmal gut bemehlen.

30 -45 min bei Raumtemperatur nur mit einem Bäckerleinen abgedeckt stehen  lassen. Inzwischen den Ofen auf 260 °C gut vorheizen und dann die Teiglinge auf ein vorgeheiztes Blech oder Backstein mit kräftigen Schwaden “einschießen”. Nach 10 min die Temperatur auf 210 °C reduzieren und den Schwaden ablassen, weitere 25-30 min fertigbacken, 5 min vor Ende der Backzeit nochmal die Feuchtigkeit ablassen und wenn man eine besonders krosse Kruste mag den Ofen auf Heißluft umstellen. Auf einem Gitter gut auskühlen lassen.

Das Ergebnis ist ein Ciabatta mit einem beeindruckenden Ofentrieb und einem tollen Aroma:

Inzwischen ist EVA in der Bäckercommunity keine unbekannte mehr seit Anfang August gab es dazu zahlreiche Beiträge im Brotbackforum und von Manfred Schellinger (Schelli)  bei Facebook.

Sechskornbrötchen

Sechskornbrötchen

Vor der Sommerferienpause gibt es noch ein neues Rezept: Ausgangspunkt war der Wunsch meiner Tochter: “Mach mal so etwas Ähnliches wie meine Lieblingsbrötchen vom Bäcker”, gemeint waren die Sechskornbrötchen unseres lokalen Bäckers …

Also habe ich mich daran gemacht dafür ein Rezept zu entwickeln, dass allerdings etwas dunklere Mehlsorten als der lokale Bäcker verwendet. Ausgangspunkt waren die Rezepte für Schweizer Bürli, die ich dann angepasst und mit einem Saatenbrühstück kombiniert habe. Es  ist ein unkompliziertes, recht schnelles Rezept herausgekommen:  12-14 h Vorlauf reichen gut aus und die Brötchen sind echt lecker und schmecken auch am zweiten Tag noch super.

Sechskornbrötchen (10 Stück)

Hauptteig;
300 g Weizenmehl 550
125 g Ruchmehl
75 g Weizenmehl 1050
350 g Wasser
10 g ASG ( Weizen oder Roggen)
5 g Hefe
13 g Salz

Saatenbrühstück:
50 g Goldhirse
25 g grober Roggenschrot
25 g Sesam
25 g Sonnenblumenkerne
25 g Haferflocken
170 g  Wasser (kochend)

Sesam zum Bestreuen

Mehl, Wasser und ASG kurz mischen und ca 1 h quellen lassen (Autolyse). Die Saatenmischung mit dem kochenden Wasser aufgießen und ebenfalls ca 1 h quellen lassen. Dann gibt man Salz , Hefe und das Saatenbrühstück zum Teig und knetet 3-4 min langsam und 5 min schnell. Denn Teig in eine geölte Wanne geben und ca 1,5 h bei Raumtemperatur gehen lassen dabei alle 30 min strecken und falten. Dann ab in den Kühlschrank bei ca. 5 °C für 12-14 h. Der Teig sollte deutlich aufgegangen sein und blasen gebildet haben.

Den Teig vorsichtig aus der Wanne auf die gut bemehlte Arbeitsfläche geben damit möglichst viele Gärgase im Teig bleiben. In 10 gleichgroße Stücke aufteilen und diese dann mit nassen Händen in der Hand grob rundwirken. Wenn gewünscht die Oberseite  in Sesam wenden und zur Stückgare auf Backpapier legen und abdecken. Nach 30-45 min sollten sie fast volle Gare erreicht haben und werden in den gut auf 250°c vorgewärmten Backofen geschoben, kräftig schwaden. Nach 10 min den Schwaden ablassen und die Temperatur auf 220 °C reduzieren und weiter 8-12 min fertig backen , je nach gewünschtem Bräunungsgrad. 2 min vor dem Ende der Backzeit nochmal den Ofen  kurz öffnen um weiteren Dampf abzulassen und ein rösche Kruste zu erreichen.

Anschnitt Sechskornbrötchen

Römisches Brot Teil 1: Altrömisches Brot / Der Pompeji-Laib

Altrömsiches Brot

An der Schule meiner Tochter war letzte Woche Schulfrühstück  und ihre Klassenstufe musste sich traditionell um das römische Buffet kümmern. Ich habe mich natürlich dafür entschieden Brote und Brötchen mitzubringen. Die Rezepte die mitgeliefert wurden waren für einen echten Heimbäcker aber schwere Kost … hoher Hefeanteil, 60% Hydratation bei Vollkornbrot, das hörte sich nicht nach gutem Brot an.   Deshalb habe ich mich etwas der Brotarchäologie gewidmet und dabei zwei interessante Fundstellen zur Rekonstruktion des “versteinerten” Brotes von Pompeji gefunden:  Altrömisches Brot eben:

Museo Archeologico Nazionale di Napolii (© Fotografica Foglia).

Das britische Museum hat mit einem italienischen Koch eine Rekonstruktion gewagt. Dieses Rezept wurde von den Hobbybäckern bei “The Fresh Loaf” noch verbessert und auf in der Antike wahrscheinlich verfügbare Rohstoffe wie Khorasan, Dinkel und Sauerteig umgestellt, Heraus kommt ein Kamut-Dinkel Vollkornbrot mit ungewöhnlicher Form, da die Römer die Laibe  wohl mit integriertem Trageband gebacken haben. Auf dieser Basis habe ich mich in das Abenteuer altrömisches Brot gestürzt:

Rezept für 1 Laib altrömisches Brot (ca. 1 kg)

Sauerteig;
Khorasan-Weizen Vollkornmehl 90 g
Weizenmehl 1050 20 g
Wasser ca. 40 °C 90 g
Anstellgut vom Weizensauerteig 25 g

Sauerteig mit ca. 35 °C Teigtemperatur ansetzen und über 12-14 h  bei Raumtemperatur stehen lassen

Hauptteig:
Sauerteig
Khorasan-Weizen Vollkornmehl 202 g
Dinkel Vollkornmehl 202 g
Weizenmehl 1050 25 g
Wasser 340 g
Salz 11 g

Saatenmix: Sesam/Mohn oder Chiasamen /Anis zum bestreuen

Alles Zutaten außer Salz mischen und dann 30 min quellen lassen. Salz hinzufügen und 5 min langsam kneten, vorsichtig nochmal 20 ml Wasser hinzufügen und weitere 8-10 min schnell kneten, der Teig löst sich vollständig von der Schüssel.

In eine geölte Wanne geben und 3* 50 min bei Raumtemperatur gehen lassen, dazwischen immer wieder mit feuchten Händen strecken und falten, dadurhc gewinnt der Teig viel an Spannung.

Den Teig auf die bemehlte Arbeitsfläche geben und mit gut bemehlten Händen vorsichtig rundwirken, dann mit dem Schluss nach oben in ein bemehltes Gärkörbchen geben und 60-90 min bei Raumtemperatur bis zur 3/4 Gare gehen lassen.

Aus dem Gärkörbchen auf ein Backpapier stürzen und vorsichtig mit dreifachem Küchengarn einschnüren, mit Wasser bestreichen und mit den Saatenmix bestreuen, dann viermal kreuzweise, ca 1 cm tief einschneiden.

Ab in den auf 250 °C gut vorgeheizten Ofen mit Backstein und kräftig schwaden. Nach 10 min die Temperatur auf 210 °C reduzieren und weitere 40 min backen. Nach dem Backen auf einem Gitter gut auskühlen lassen.

Das Brot ist zwar ein wenig auseinandergelaufen, aber es war ein sehr aromatisches Vollkornbrot mit einer dank des Khorasan-Weizens schön gelblichen Krume:

Auf dem Schulfest hat es auf jeden Fall reißenden Absatz gefunden ….

m Zweiten Teil werde ich  in den nächsten Tagen das Thema römische Mostbrötchen (Mustei) behandeln.